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08.02.2012

Vom Wintereinbruch überrascht


Arktische Bedingungen im Wattenmeer erhöhen die Sterblichkeit der überwinternden Wasservögel - die meisten von ihnen flüchteten nach Südwesten

Wilhelmshaven, 8. Februar 2012: Arktische Bedingungen während der letzten zwei Wochen lassen das Wattenmeer fast vollständig im Eis erstarren. Dies führt wahrscheinlich zu erhöhter Sterblichkeit bei den im Wattenmeer überwinternden Wasservögeln, vermuten die Experten des “Joint Monitoring of Migratory Birds” (JMMB). Viele Wasservögel leiden unter der schlechten Erreichbarkeit der Nahrung und dem sehr starken Frost, was möglicherweise viele Vögel nicht überleben werden. Die meisten Vögel haben daher das Wattenmeer verlassen und sind weiter nach Süden in wärmere Regionen gezogen.

Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Wintern verlief dieser Winter anfangs sehr mild ohne jeglichen Frost. Daher blieben z.B. viele Weißwangengänse, Brandgänse, Pfeifenten, Austernfischer, Knutts, Alpenstrandläufer und Brachvögel im Wattenmeer und versuchten hier zu überwintern. Zusätzlich trieben die Stürme der vergangenen Tage ungewöhnlich viel Dreizehenmöwen und Zwergmöwen an die Küste, es wurden sogar so seltene Arten wie Eis- und Polarmöwen beobachtet. Der plötzliche Wintereinbruch hat die Vögel völlig überrascht. Am 26. Januar begann die Kälteperiode verbunden mit starken Ostwinden, was dazu führte, dass fast das gesamte Wattenmeer von Dänemark bis in die Niederlande innerhalb weniger Tage vereiste. Mittlerweile sind die hohen Wattflächen alle von einer mächtigen Eisschicht bedeckt und viele Vögel versammeln sich an den nur temporär eisfreien, niedriger gelegenen Wattflächen, wo sie nach Nahrung suchen können, wenn überhaupt. Die meisten Vögel mussten vor diesen arktischen Verhältnissen flüchten. Vor allem die Gänse und Pfeifenten, die Vegetarier, flohen schnell in südwestliche, mildere Regionen und die Zahl der Watvögel sank ebenfalls sehr schnell. Tausende von Ringelgänsen, kehrten allerdings bereits genau dann ins nördliche Wattenmeer zurück, als Ende Januar der Wintereinbruch anfing. Daher mussten sie wegen der Eis- und Schneebedeckung umgehend wieder zurückziehen.

Die extreme Kälte stellt für alle diese Vögel eine große Gefahr dar. So wurden nach der bisher kältesten Nacht vom 6. auf den 7. Februar mit unter Minus 15°C mehr als 90 tote Watvögel von freiwilligen Mitarbeitern der Schutzstation Wattenmeer an der Schleswig-Holsteinischen Küste vor allem vor Büsum und am Weststrand von Sylt gefunden. Es waren mit 70 Totvögeln vor allem Austernfischer, zudem 2 Knutts, 10 Alpenstrandläufer, 1 Sanderling, 5 Rotschenkel und 2 Steinwälzer. Offensichtlich haben sie nicht genug Nahrung gefunden und hatten keine ausreichenden Fettreserven, so dass sie letztendlich erfroren sind.

Falls die Kältewelle anhält, ist zu erwarten, dass weitere Wattenmeervögel verhungern und erfrieren könnten. Besonders bei den Austernfischern würde dies den Bestand weiter verringern, der in den letzten 20 Jahren sowieso schon um 50% geschrumpft ist. Die Art leidet ohnehin an Nahrungsmangel wegen der bis vor wenigen Jahren noch durchgeführten Muschelfischerei im niederländischen Wattenmeer und dem geringem Bruterfolg in den letzten Jahren, wie es durch das neue trilaterale Bruterfolgsmonitoring belegt werden konnte.

Detaillierte Informationen zu den Trends von 34 Rastvogelzahlen im Wattenmeer sind unter
http://www.waddensea-secretariat.org/ zu finden. Zusammen mit Übersichtstafeln werden auf der Internetseite für jede Art die Trends im Wattenmeer und den vier Regionen graphisch präsentiert. Auf der gleichen Internetseite sind ebenfalls Trends für 26 Brutvogelarten im Wattenmeer zu finden.

Über das Wattenmeer:
Das internationale Wattenmeergebiet ist mit seinen 14.700 km² das bedeutendste Rast-, Mauser- und Überwinterungsgebiet für Wasser- und Watvögel auf ihrem ostatlantischen Zugweg zwischen Arktis und Südafrika. Der hohe nationale und internationale Schutzstatus des Gebietes wurde 2009 von der UNESCO durch Ernennung des Wattenmeeres zum Welterbe anerkannt.

Über JMMB:
Seit über 20 Jahren koordiniert das Gemeinsame Wattenmeersekretariat zusammen mit der Joint Monitoring of Migratory Birds Group (JMMB) ein Programm zur Zählung der Rastvögel im Wattenmeer. Das Engagement vieler ehrenamtlicher Vogelzähler und professioneller Ornithologen rund um das Wattenmeer ermöglichen mehrere koordinierte Zählungen im Jahr, die die Basis für die Trendberechnungen bilden.

Nataliya Drozdovych | Communication Officer | Common Wadden Sea Secretariat

waddensea-secretariat.org | waddensea-worldheritage.org

Link -> waddensea-worldheritage.org

 

 

 


Autor: Sabine Hinrichs
Foto: © G. Reichert/ NPV Niedersächsisches Wattenmeer
Quelle: Common Wadden Sea Secretariat


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